Am Wochenende vom 8. bis zum 10.02.2019 fand wieder ein “Slow Scan Television (SSTV) Event” von Bord der Internationalen Raumstation ISS statt. In der Zeit gab es insgesamt 12 verschiedene Bilder zu empfangen. In diesem Artikel möchte ich beschreiben, wie man die Signale empfangen und auswerten kann. Ich beschränke mich dabei auf die Arbeit unter Linux, aber für Windows gibt es ähnliche Software, so dass das Betriebssystem eigentlich keine Rolle spielen sollte.
Zunächst einmal muss man wissen, dass ein solches SSTV Event stattfindet. Die beste Quelle dafür ist die offizielle Webseite der ARISS (Amateur Radio on the International Space Station) unter http://www.ariss.org/. Dort wurde das Event bereits am 2. Februar angekündigt. Eine weitere Seite mit vielen interessanten Informationen zur ISS ist die des ISS-Fan-Club (http://issfanclub.eu/), der Nachfolger der bekannten Seite issfanclub.com, die leider zum Jahreswechsel nach 17 Jahren ihren Betrieb eingestellt hat.
Nachdem nun bekannt ist, wann ein solches Event stattfindet, gilt es herauszufinden, wann die ISS an unserem Standort zu empfangen ist. Die ISS fliegt mit ca. 7.66 km/ Sekunde um die Erde und braucht so ca. 90 Minuten für einen Umlauf. Damit bleibt uns maximal ca. 10-15 Minuten Zeit, sie zu empfangen, bevor sie hinterm Horizont verschwindet. Es gibt unzählige Webseiten und Apps zum Thema Satellitentracking.
Bei mir kommt die App “ISS Detector” (https://www.issdetector.com/), mit der sich neben der ISS auch zahlreiche andere Satelliten tracken lassen. Die App nutzt GPS zur Bestimmung der Position und mit dem Kompass und Neigungssensor kann man dann während des Überfluges die Antenne sogar sehr genau nachführen. Außerdem werden genaue Zeiten der nächsten Überflüge angezeigt.
Kommen wir zum Hardware-Teil: Für den Empfang empfielt sich zunächst eine gute Antenne. Bei mir kam eine LPDA für 2m und 70cm zum Einsatz, die ich mal auf der hamradio in Friedrichshafen gekauft habe. Diese lässt sich auf ein Kamerastativ schrauben, so dass man die Hände für das Funkgerät frei hat. Für meinen ersten Versuch habe ich die Antenne nur ganz grob Richtung Süden ausgerichtet und ungefähr so geneigt, dass sie auf den Scheitelpunkt des Überfluges zeigt. Das SSTV Signal war stark genug, so dass ich auf ein Nachführen verzichtet habe. Ansonsten wäre die Bildqualität vermutlich noch etwas besser gewesen.
Als Funkgerät habe ich das TH-D74 von Kenwood verwendet. Damit lassen sich Signale direkt auf eine Micro-SD Karte aufzeichnen. Das erspart jede Menge Kabelsalat, aber man kann das ganze auch problemlos mit jedem anderen Funkgerät machen, welches in der Lage ist 145.800 MHz zu empfangen. Wichtig ist dabei, dass man das Gerät nicht auf NFM (narrow) stellt, sondern auf FM (wide), da das Signal ansonsten nicht dekodierbar ist.
Mir ging es erst einmal darum, das Signal überhaupt zu empfangen und aufzuzeichnen. Das Dekodieren kann dann später am Computer erfolgen. Nachdem alles vorbereitet war, hieß es nun warten auf den Überflug. Bereits kurze Zeit, nachdem die ISS in Sichtweite war, konnte ich das pfeiffen des SSTV Signals deutlich hören. Leider ist QTH von anderen Gebäuden stark abgeschirmt, so dass ich nicht den ganzen Überflug problemlos empfangen konnte.
Das Audio-Signal hört sich folgendermaßen an:
Nachdem alles im Kasten und die ISS verschwunden war, ging es an die Auswertung am PC. Als Software habe ich “QSSTV” unter Linux benutzt. Die Bedienoberflächhe erfordert etwas Einarbeitung aber bereits nach kurzer Zeit habe ich die Option gefunden, die Daten direkt aus einer Datei zu lesen. Leider hat das nicht auf Anhieb funktioniert.
Des Rätsels Lösung war, dass die Software .wav Dateien erwartet, die mit 48.000Hz Sample Rate aufgenommen sind. Die Aufnahme des TH-D74 hatte aber nur 16000 Hz. Nachdem ich die Datei mit einem Soundbearbeitungsprogramm umgewandelt habe, hat es dann funktioniert.
Eine weitere Möglichkeit ist, dass QSSTV das Signal direkt über die Soundkarte bekommt. Dazu habe ich die Datei mit einem anderen Player abgespielt und QSSSTV als Aufnahmegerät ausgewhält. Auch das hat funktioniert und erspart das Umwandeln der .wav Datei.
Für alle, denen das oben genannte Vorgehen zu kompliziert ist, gibt es auch noch eine Möglichkeit, das ganze ohne Kabelsalat und PC zu empfangen und anzuzeigen, vorausgesetzt man hat ein Android Smartphone. Dafür gibt es die App Robot36 (https://play.google.com/store/apps/details?id=xdsopl.robot36&hl=en) mit der sich Signale über das Mikrofon des Smartphones empfangen und direkt in ein Bild umwandeln lassen. Man braucht also nur das Telefon neben das Handfunkgerät zu legen, das Handfunkgerät auf eine gut hörbare Lautstärke einzustellen und abzuwarten. Auch das habe ich probiert das Ergebnis sah brauchbar aus. Ich habe allerdings nach kurzer Zeit abgebrochen, weil das pfeifen dann doch etwas anstrengend für die Ohren wurde.
Nach dem erfolgreichen Empfang kann man seine Bilder auf der Seite https://www.spaceflightsoftware.com/ARISS_SSTV/index.php hochladen. Dort gibt es auch eine Gallerie mit allen hochgeladenen Bildern. Anschließend kann man sich auf der Seite https://ariss.pzk.org.pl/sstv/#award_rules_en für einen ARISS SSSTV Award bewerben.